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REPROGRAF
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[
b r a n c h e n
B l i c k
]
Marktanalyse
Panikmache oder Anfang vom Ende des Papiers?
Manche Papierlieferanten berichten
hinter vorgehaltener Hand über jährliche
Umsatzrückgänge im Papiergeschäft
zwischen 5 und 7 Prozent. Das Massen-
sterben von analog arbeitenden
Druckereien hält weiter an. Auch wenn
die meisten Digitaldruck-Betriebe keine
klassischen Zeitungen herstellen, so gibt
die Pleite der Frankfurter Rundschau
dennoch Anlass zum Nachdenken. In
diesem Trend liegt auch die Einstellung
der Papier-Ausgabe des US-Nachrichten-
magazins Newsweek nach 80 Jahren.
Mit den Auswirkungen dieses Trends auf
die Zukunftsstrategie von Printbetrieben
wird sich der WKM in den nächsten Mona-
ten intensiv befassen. Die nachfolgende
Analyse der Firma »2b AHEAD ThinkTanks«
veröffentlichen wir, da sie auch für uns
nicht ohne Relevanz sein dürfte.
Warum 50% der Tageszeitungsverlage
bis 2020 Ihr Geschäft verlieren werden
Zukunftsforscher Sven Gabor Jánszky:
Zeitungssterben beginnt erst! Direktor
des 2b AHEAD ThinkTanks rät Verlagen,
ihr eigenes Geschäftsmodell anzugreifen.
Die Insolvenz der traditionsreichen »Frank-
furter Rundschau« ist nur ein vorläufiger
Höhepunkt eines Trends, der die klassische
deutsche Medienbranche bereits unum-
kehrbar erfasst hat. Das nächste histori-
sche Datumwar bereits vorprogrammiert:
Nach Medienberichten beriet am 21. No-
vember 2012 der Aufsichtsrat des Gruner
+ Jahr Konzerns über die Zukunft der soge-
nannten Wirtschaftsmedien. Insider hal-
ten es für wahrscheinlich, dass nach jahre-
langen Verlusten die hochangesehene »Fi-
nancial Times Deutschland« genauso ge-
schlossen wird wie »Capital, »Impulse«
und »Börse online« (vgl. FAZ, 12.11.2012).
Auch Berliner Zeitung und Berliner Kurier
bauen Personal ab, das Nürnberger Abend-
blatt ist eingestellt, die Nachrichtenagen-
tur dapd ist pleite. Und viele traditionsrei-
che Regionalzeitungen fahren kontinuier-
lich Verluste im zweistelligen Prozentbe-
reich ein.
So frustrierend dies für Zeitungsleser und
-macher klingt, so absehbar war diese
Lage: Bereits seit 10 Jahren warnt Trend-
und Zukunftsforscher Sven Gábor Jánszky,
unisono mit vielen seiner Kollegen die Zei-
tungsbranche vor existenzbedrohenden
Anzeigenverlusten, sinkenden Druckaufla-
gen und wegbrechenden Marktanteilen.
Nach Prognosen des 2b AHEAD ThinkTanks
gehen die Zeitungsverlage den gleichen
Weg, den die Musikindustrie vor 10 Jahren
ging. Binnen weniger Jahre halbierte diese
ihren Umsatz und kündigte 50% ihrer Mit-
arbeiter. Damit einher gingen Pleiten und
Merger der großen Musikkonzerne.
Das gleiche Szenario erwartet auch die Ta-
geszeitungsverlage. Dies ist die Prognose
des deutschen Trendforschungsinstituts
»2b AHEAD ThinkTank«. Der Direktor des
ThinkTanks, Trend- und Zukunftsforscher
Sven Gabor Jánszky, beschreibt die fünf
wichtigsten Strategie-Trends für die Ta-
geszeitungsverlage so:
1. Der Anzeigenmarkt verlässt kontinuier-
lich die Massenprodukte und wendet sich
individuellen Werbeformen zu, die Streu-
verluste vermeiden und direkten Response
ermöglichen.
2. Die kommende Display-Entwicklung
bringt weiterhin neuartige elektronische
Geräte, die die bisherigen papiernen Trä-
germedien (Bücher, Zeitungen) ablösen.
3. Leser sind immer weniger bereit, ihr
Geld für Abonnements von Massenpro-
dukten auszugeben, die weder direkt auf
ihre individuellen Interessen zusammen-
gestellt sind noch einen Mehrnutzen im
Vergleich zu kostenlosen Webangeboten
bringen.
4. Je weiter die Digitalisierung um sich
greift, desto aggressiver entkoppeln Over-
the-top-Angebote (OTT) das Geschäfts-
modell von der Infrastruktur und drängen
die etablierten Infrastrukturanbieter skru-
pellos an den Rand. Dies gilt für alle Infra-
strukturen, von Strom- und Telefonleitun-
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